26.09.2009
Zuneigung auf den zweiten Blick
Als ich "Marvel: Ultimate Alliance 2" das erstemal in die XBox eingelegt hatte, wollte ich die Konsole eigentlich direkt wieder ausschalten. Die Grafik ist -vorsichtig formuliert- fitzelig, das Gameplay auf den ersten Blick irgendwann Mitte der 90er hängengeblieben ("Teenage Mutant Ninja Turtles" fürs SNES hat ebenfalls daraus bestanden, sich durch Horden von Feinden zu prügeln...) und die Flut von Helden verwirrt jeden, der nicht abends mit einem Spiderman-Comic unterm Kopfkissen einschläft.
Wenn man sich aber mal intensiver mit dem Titel beschäftigt, kommen doch ein paar interessante Eigenschaften zutage; neben den üblichen A/B Knopf Prügeleien kann jeder der Helden seine Superkräfte per rechtem Trigger und Knopf aktivieren; je höher das Level, desto mehr Kräfte stehen zur Verfügung (maximal 4), die alle gezielt gesteigert werden können. Eigentlich hätte man die Jungs und Mädels sogar in verscheidene Klassen teilen könnnen; einige können richtig gut im Nahkampf austeilen, andere werfen mit Blitzen/Eis/Feuer um sich und sind dafür schwächer im Nahkampf. Erfreulicherweise regenerieren die Kräfte in sekundenschnelle, sobald man den Trigger losläßt.
Mittels linkem Trigger und Tastendruck kann eine Kombo mit einem der drei anderen Helden gestartet werden, wenn die entsprechenden Balken gefüllt sind; entweder eine gezielte Attacke auf einen Oberbösweicht, einen Rundumschlag gegen alles, was bei drei nicht auf dem Baum ist oder eine Attacke bei der man die Trefferzone selbst steuern kann - alles sehr kurzweilig, vor allem mit Freunden im Multiplayer-Modus.
Zwischen den Missionen kan man in der jeweiligen Basis ein Marvel-Quiz starten, die Kräfte im Simulator trainieren oder mit diversen Helden plaudern, um weitere Erfahrungspunkte zu gewinnen. Übrigens gibt es neben den Helden der S-Klasse (Spiderman, Wolverine, etc.) auch Typen, von denen man außerhalb der Comicwelt wohl noch nie gehört hat (die Namen She-Hulk oder Penance sagen mir zumindest überhaupt nix). Leider sind auch viele Kostüme einfach nur unfreiwillig komisch bzw. dämlich - kein Wuder, wenn sogar Thor (jawoll, der germanische Gott des Krieges und des Donners) als Superheld (!) bemüht werden muss. Bei Marvel scheint oft Quantität vor Qualität zu gehen...
Soviel also zum nicht gerade atemberaubenden, aber doch irgendwie gelungenen Gameplay. Interessant wirds für Comic-Fans bei der Story; immerhin spielt man den Bürgerkrieg der Superhelden nach, der von Captain America bzw. Iron Man angeführt wird. Ursache für den Konflikt ist ein neues Gesetz, das alle Helden zwingen soll, ihre Identitäten preiszugeben und sie so kontrollierbarer zu machen, nachdem durch eine verheerende Explosion hunderte Zivilisten getötet wurden. Interessant fand ich als bekennender Nicht-Comic-Fan (sieht man mal von den diversen Hollywood Verfilmungen der letzten Jahre ab) den ethischen Konflikt der Superhelden: hält man die Treue zur Regierung und opfert seine Grundrechte, um den Frieden abzusichern (Stichwort 'Staatliche Überwachung'), oder setzt man auf die Grundrechte und weigert sich, dem illegalen Gesetz Folge zu leisten... nach ein paar Missionen kann man sich übrigens entscheiden, ob man Iron Man als Anführer des gesetzestreuen Lagers oder Captain America folgen will; der Widerspielwert ist also durchaus vorhanden. Leider wird die interessante Idee aber nicht wirklich ausgereizt und irgendwann ist wieder alles beim alten; Helden einerseits, Oberbösewichter andererseits.
Unterm Strich würde ich dem Titel als Nicht-Fan drei bis vier Sterne geben, Fans der Reihe ist er bestimmt fünf Sterne wert. Macht summa summarum als gerechtes Urteil 4 Sterne.