29.03.2010
Nach diesem Spiel wird es euch bei Regen kalt den Rücken hinunter laufen...
...Die Rede ist natürlich von "Heavy Rain", Exklusivtitel der PlayStation 3. Im Vorfeld wurde ja schon viel angekündigt, ein Game wie ein Film - selbst in einem Thriller mitwirken! Dazu eine völlig neue Art von Gameplay, spitzen Grafik und und und... Es wurde wirklich alles getan, um uns heiß auf dieses Spiel zu machen, Höhepunkt war dabei wohl die pompös aufgezogene Europapremiere in Paris. Wollen wir doch mal schauen, ob Sony uns da nicht zu viel versprochen hat.
Vier Hauptcharaktere
In "Heavy Rain" steuert ihr nicht nur eine Figur, sondern gleich vier. Alle mit anderer Geschichte und anderem Hintergrund. Im Fokus steht Ethan Mars, erfolgreicher Architekt und glücklicher Familienvater. Mit ihm startet ihr auch ins Spiel und lernt das Gameplay kennen, später mehr dazu. Ethans Bilderbuchleben erhält ausgerechnet am Geburtstag seines ältesten Sohnes einen herben Knick, denn bei einem Autounfall kommt tragischer Weise genau das Geburtstagskind ums Leben. Von hier an bricht seine Welt zusammen, es folgt die Scheidung, das schöne Haus wird durch eine ziemlich heruntergekommene Bude ersetzt und zu allem Überfluss kann sein zweiter Filius nichts mehr mit ihm anfangen. Richtig los geht die Dramatik im Herbst 2011. Ein Killer sucht Ethans Heimatstädtchen auf, entführt kleine Jungs und lässt sie im Regenwasser ertrinken. Seine Markenzeichen, in Form einer Orchideenblüte und einer Origamifigur, hinterlässt er dabei immer am Tatort, was ihm schnell den Spitznamen des "Origami Killers" einbringt. Als verliefe Ethans Leben nicht schon schlimm genug, wird eines Tages beim Spielplatzbesuch sein zweiter Sohn Shaun auch von dem Killer gekidnappt. Kurz darauf findet Ethan einen Schuhkarton, sein Inhalt: eine Waffe, ein Handy und Origamifiguren. Durch das Video auf dem Handy erfährt er, dass sein Sohn noch am Leben ist, er sich jedoch diversen Prüfungen stellen muss, um Hinweise zu erhalten wo er versteckt ist und ihn vor dem Ertrinkungstod in einem Schacht zu bewahren. Mit diesen Informationen beginnt Ethans nervenaufreibendes Abenteuer...
Parallel zu Ethan lernt ihr noch weitere Personen kennen, steuert sie auch. Zum einen gibt es da Norman Jayden, seines Zeichens junger FBI Agent, sowohl verdammt Clever als auch Drogenabhängig, der zur Aufdeckung des Origami Falls in das kleine Städtchen beordert wird. Da seinem neuen Partner das so gar nicht ins Konzept passt, rasselt Norman des Öfteren mit ihm aneinander, zum Glück ist man als FBI Agent technisch so gut ausgestattet, dass man auch auf eigene Faust ermitteln kann, was zu eurer Aufgabe wird. Scott Shelby war früher einst Polizist, genau auf dem Revier, auf dem nun Norman stationiert ist. Mittlerweile ist er ein grummeliger Privatdetektiv, der ebenfalls versucht, den Origami Killer zu finden, wobei sich seine altmodischen Methoden komplett vom modernen Norman unterscheiden, weshalb auch bei zwei Ermittlern ein hoher Reiz besteht. Die vierte im Bunde ist die hübsche Reporterin Madison Paige. Ihr ursprüngliches Ziel ist es, eine Story über Ethan und die Entführung seines Sohnes zu bekommen, weshalb sie ihm folgt. In einem Motel begegnen sie sich das erste Mal nachdem Ethan eine der Prüfungen hinter sich gebracht hat und kurz davor ist zusammenzubrechen. Madison verarztet ihn, was sie noch öfter tun wird. Dadurch entwickelt sich eine kleine Romanze zwischen den beiden, was zur Folge hat, dass Madison ihren Beruf bei Seite lässt und Ethan hilft.
Obwohl die vier anfangs gar nichts miteinander zu tun haben, so laufen sie sich während des Spiels ab und an über den Weg, wodurch sich neue Dinge ergeben. Ein kleiner, aber bedeutsamer Faktor, der dem Game noch mehr Spaß verleiht.
Weniger agieren, mehr zusehen
Eine große Besonderheit an "Heavy Rain" ist, dass ihr mit eurer Spielfigur so gut wie nichts machen könnt außer laufen oder ihre Gedanken anhören. Klingt zunächst unspektakulär, ist es aber bei Weitem nicht. Wenn man eine Aktion durchführen kann, wird die auf dem Bildschirm angezeigt, dabei ist der rechte Analogstick euer bester Freund, denn fast alles geht über ihn. Das Prinzip ist dabei recht simpel: ihr lauft an eine bestimmte Stelle, die jeweilige Taste, die ihr drücken müsst wird angezeigt und nach Betätigung führt der Charakter euren Befehl aus. Ganz am Anfang, wenn ihr in Ethans trautem Heim seid, mag das noch etwas langweilig sein, doch dieser Teil dient ja eh nur, um einen mit dieser Art von Gameplay vertraut zu machen. Oft werdet ihr im Spiel an einen Punkt kommen, an dem ihr euch zwischen zwei Aktionen entscheiden müsst, dementsprechend unterschiedlich sind die Folgen, ein Zurück gibt es nicht und genau das macht den großen Reiz an diesem Spiel aus und sorgt dafür, dass man es öfter durchspielen kann, ohne dabei die selben Dinge zu erleben. Teilweise schaltet sich hier auch euer Gewissen ein, spätesten wenn man vor der Wahl steht jemanden zu töten, kommt man doch schnell ins Grübeln. Um zusätzlich noch etwas Action und Dramatik einzubauen, erwarten euch zahlreiche Quicktime Events. Klingt nach einem alten Mittel, doch die in "Heavy Rain" haben es in sich, dauern teilweise sehr lange und erfüllen genau den Zweck, für den sie entwickelt wurden. Dabei muss man zwischen wichtigen und weniger wichtigen Quicktime Events unterscheiden. Bei den weniger wichtigen habt ihr immer wieder die Chance sie von vorne zu beginnen, falls ihr sie nicht schaffen solltet. Diejenigen jedoch, die großen Einfluss auf den Spielverlauf haben, kann man nur einmal spielen - und natürlich auch dabei versagen!
Genau das ist ein elementarer Bestandteil von "Heavy Rain". Man kann scheitern, doch das Spiel läuft trotzdem weiter. Ein gutes Beispiel ist dabei Ethans Flucht vor der Polizei, als er selbst unter Verdacht steht der Killer zu sein. Ist man gut genug, kann er abhauen, schafft man es nicht, so wird er verhaftet. In anderen Fällen kann das noch wesentlich dramatischer ausfallen und die Figur, mit der man gerade spielt, stirbt. Toll gemacht ist dabei, dass das Spiel immer auf eure Handlungen reagiert und neue Szenarien entstehen. Wie bereits angedeutet ist dies der springende Punkt, um "Heavy Rain" öfter als nur einmal durchzuspielen.
Atemberaubende Präsentation
Was sich das Entwickler Team von Quantic Dream hier hat einfallen lassen, ist schon wirklich großartig. Zum Einen haut einen die Grafik wirklich aus den Socken. Besonders die Gesichter sind gelungen, wirken dank der Mimiken und Gesten lebensecht. Dieses Prädikat kann man allerdings so gut wie allem in "Heavy Rain" ausstellen. Die Gebäude sind sowohl von innen als auch von sind so detailiert und wunderschön gestaltet, dass sie der Realität in nicht viel nachstehen. Selbiges kann man auch über die Umwelt sagen, besonders bei Regen kommt man aus dem Staunen nicht heraus. Dass dabei die Kanten butterweich und nur ein paar unwichtige Dinge etwas eckig sind, ist dabei ein positiver Nebeneffekt. Leider gibt es auch ein paar hässliche Momente und zwar wenn z.B. geredet wird, aber die Person bewegt den Mund nicht, oder eine Figur läuft einfach durch einen festen Gegenstand. Kommt glücklicherweise nicht oft vor, aber ist dann doch ein eher unschöner Moment. Die Bewegungen laufen alle flüssig ab und durch die gut platzierten Kameraperspektiven kommt tatsächlich das angekündigte Film-Feeling auf, egal ob man interagiert oder einfach nur zuschaut. Unterstützt wird dies durch eine tolle Klangkulisse, bei der besonders der Soundtrack hervorsticht. Mit einem Mix aus gefühlvollen, dramatischen und düsteren Melodien werden die Handlungsstränge perfekt untermalt, die Stimmung gut rübergebracht und beim Spieler Emotionen geweckt. Auch das funktioniert wie im Film - Entertainment pur! Kleine Abstriche muss man wieder einmal bei der deutschen Synchronisation machen. Auf der einen Seite sind die Stimmen der Hauptfiguren wirklich gut gewählt. Sie verleihen ihnen Leben und einen tieferen Charakter, bei so manchem Nebendarsteller wirkt es jedoch oftmals etwas aufgesetzt. Insgesamt jedoch ein relativ kleiner Makel einer ansonsten umwerfenden Präsentation.
Die Story ist ebenfalls mehr als überzeugend. Im Großen und Ganzen zwar nicht überraschend, aber von Anfang bis Ende spannend, da man dem Täter zwar immer näher auf die Spur kommt, es sich jedoch erst spät aufdeckt, durch die verschiedenen Handlungsmöglichkeiten variiert der Verlauf an manchen Stellen etwas. Bleibt noch die Dauer des Spiels. Wirklich lang ist anders, so ca. 10 Stunden kann man dafür einplanen. Praktisch ist, dass man auch noch später, wenn die Handlung lange am Laufen ist, den Schwierigkeitsgrad, der sich allerdings nur auf die Quicktime Events bezieht, ändern kann und somit das Ganze ein wenig hinauszögert. Durch den hohen Wiederspielwert ist aber ausnahmsweise auch dieses Manko zu verschmerzen.
Fazit
"Heavy Rain" bietet alles was versprochen wurde. Ob diese Art von Gameplay als revolutionär anzusehen ist und sich in Zukunft durchsetzen wird, bleibt abzuwarten. Eins kann man jedoch ganz sicher sagen: "Heavy Rain" bietet Unterhaltung und Spielspaß auf höchstem Niveau und ist wesentlich mehr als nur ein Videospiel. Sofern man sich nicht komplett auf ein Genre spezialisiert hat, ist "Heavy Rain" eine absolute Empfehlung für jeden, der sich gerne begeistern lässt.