02.06.2007
Blutbad am Fließband
Merkwürdig ist es irgendwie schon: veröffentlichte Koei ein Jahr zuvor sein Werk „Crimson Sea“ exklusiv für den X-Box-Kasten, wurde der Spieß im Jahr 2004 einfach umgedreht: ausschließlich Besitzer einer Playstation 2 kamen in den Genuss von „Crimson Sea 2“. Wieso, weshalb und warum soll uns nun aber nicht weiter kümmern, festzustellen bleibt hingegen, dass dieser zweite Teil deutlich mehr zu bieten hat, als der nur (allenfalls) mittelmäßige Vorgänger. Nichtsdestotrotz sind wir bei diesem Actiongame weit von der Bezeichnung als Hit entfernt, denn es mangelt primär an Innovationen, Anspruch und überhaupt Abwechslung, was sich somit negativ auf den Gesamtspielspaß auswirken muss. Schade. Aber dennoch: wer umfangreichen Science-Fiction-Ballerspielen etwas abgewinnen kann, ist hier definitiv nicht an der falschen Adresse, gewöhnen muss sich so manch Einer unter uns – mich mit eingeschlossen – an die etwas sehr abgefahrene Hintergrundgeschichte, deren esoterischer Touch unübersehbar sein dürfte und somit sicherlich nicht jedermanns Geschmack treffen dürfte. Doch immerhin: es gibt sie, eine echte Story, was im Actiongenre wahrlich keine Selbstverständlichkeit ist.
Wer den ersten Teil nicht kennt, braucht sich bezüglich entstehender Nachteile in punkto Handlung keine Sorgen zu machen, denn die Story in „Crimson Sea 2“ (auf deutsch im Übrigen „blutrotes Meer“) ist unabhängig vom Vorgänger. Dennoch dürfen wir uns in der Hauptbasis bzw. der Raumstation gerne die FMV-Schnipsel des ersten Teils zu Gemüte führen, was natürlich zu begrüßen ist und sicherlich die Mehrheit von uns dann auch in Anspruch nehmen dürfte. Was das Gameplay betrifft, so gibt es kaum nennenswerte Unterschiede zum ersten Teil, was im Klartext bedeuten, dass wir uns auf eine abenteuerliche Wanderschaft quer durch die Galaxie begeben, unterschiedlichen Planeten die Ehre erweisen, um dort in erster Linie ordentlich aufzuräumen. Dies bedeutet (natürlich) nichts anderes, als eklig-schleimige, krabbelnde Armeen an Aliens auszurotten und dies – wenn möglich – in Nullkommanichts, versteht sich. Da wir uns regelmäßig einer horrenden Überzahl an feindlichem Gesocks gegenübersehen, ist es quasi selbstverständlich, dass wir unser Handwerk außergewöhnlich gut verstehen, anderenfalls dürfte wir blitzschnell die Bekanntschaft des Game-Over-Bildschirms machen. Der Schwierigkeitsgrad im Allgemeinen erweist sich dabei im Übrigen als moderat, soll heißen, dass nur wenige unter uns sich unter- oder überfordert fühlen dürften, lediglich blutige Anfänger sollten sich in einem zunächst etwas softeren Actiongame austoben.
Der oft vorherrschende Zeitdruck bei der Bewältigung einzelner Missionen dürfte dem ein oder anderen dabei gar nicht schmecken, dies fördert einerseits die Spannung, kann aber ab und an für ein (zumindest leicht) nerviges Frusterlebnis sorgen. In der Regel metzeln wir alles nieder, was sich uns in den Weg stellt, machen Spezialgegenstände ausfindig oder schützen Wissenschaftler vor drohendem Ungemach. Andauernd sind wir solo unterwegs – ein Unterschied zum Vorgänger – als Ausgleich gesellt sich im weiteren Verlauf eine weitere Hauptfigur hinzu, deren Kontrolle wir ab und zu übernehmen dürfen. Somit sind wir nicht nur mit dem mit übermenschlichen Kräften ausgestatteten Protagonisten Sho, sondern später auch mit der jungen nicht minder talentierten Feanay auf Tour, beiden Figuren ist gemeinsam, dass sie sich auf den Umgang mit Schuss- und Stichwaffen - Pumpgun, Pistole, Schwert – verstehen, wobei sich das letzteres natürlich eher im Nahkampf anbietet. „Selbstverständlich“ sind wir im Auftrag des Erhalts des Weltfriedens unterwegs und müssen bzw. dürfen (immerhin) die Galaxie vor bösartigen Alien-Invasoren schützen. Die Neopsyonikzauber, auf die wir zurückgreifen dürfen, unterstreichen den futuristischen Charakter dieses Zukunftsgemetzels, diese magischen Kräfte sind ein wesentlicher Bestandteil des Abenteuers. Zusätzliche Motivation ziehen wir aus der Tatsache, dass wir durch das Aufsammeln sogenannter Seelen die Power unserer Waffen und auch unserer magischen Kräfte perfektionieren können. Außerdem dürfen wir – gegen bare Münze versteht sich – den örtlichen Händler aufsuchen, um uns nach weiteren netten Mordinstrumenten umzuschauen. Ein Nachteil: beide Hauptfiguren unterscheiden sich bis auf ihr Aussehen so gut wie gar nicht voneinander: das ist schwach. Manche Aufträge können nur von einer bestimmten Hauptfigur ausgeführt werden, ansonsten wäre die Existenz einer zweiten Figur eigentlich überflüssig, um ehrlich zu sein.
Wie bereits angesprochen, sind wir hier im zweiten Teil nur noch alleine unterwegs (nie sind beide Figuren gleichzeitig unterwegs!), so dass jegliche taktischen Überlegungen bezüglich des Zusammenstellens einer schlagkräftigen Truppe bzw. deren Formation unter den Tisch fallen. Nunmehr handelt es sich definitiv um ein (mehr oder weniger) unbeschwertes Dauergemetzel, der Schwerpunkt liegt jetzt eindeutig im unaufhörlichen Abschlachten der Feinde und dem Aufleveln unserer beiden (abwechselnd erscheinenden) Hauptfiguren. Eine Schlacht folgt somit der anderen, in der wir unsere neuesten Fertigkeiten bzw. Kombos ausprobieren können. Zu begrüßen ist die Tatsache, dass wir uns tatsächlich zu zweit ins Getümmel stürzen dürfen und via Splitscreen im Koop-Modus gemeinsame Sache gegen das Alien-Gesocks machen dürfen. Natürlich dürfen wir uns zudem auch gegenseitig an den Kragen gehen, versteht sich. Leider gestaltet sich das Ganze nicht als derart unterhaltsam oder abwechslungsreich, wie es zunächst klingen mag. Freuen wir uns über die stattliche Anzahl an Aufträgen – um die sechzig dürften es sein – so ernüchternd ist es, dass sich die meisten Missionen vom Ablauf her zum Verwechseln ähnlich sind. Kurzum: nach gut der Hälfte des Abenteuers ist die Luft zwar nicht komplett raus, aber Monotonie schleicht sich unverkennbar ein, gar keine Frage. Gut ist zwar, dass eine gewisse Non-Linearität des Handlungsstrangs nicht zu verneinen ist, denn wir dürfen in der Raumstation stets die Reihenfolge der zur Auswahl stehenden Missionen selber bestimmen, wir sind letztlich nicht in ein Korsett gepresst, da wir früher oder später nicht an einen vorherbestimmten Punkt landen, sondern sich die Story angelehnt an die Missionsauswahl entsprechend weiterentwickelt, das ist zweifellos gut. Die Missionslänge variiert dabei, von wenigen Minuten bis hin zu einer halben Stunde dauert ein einzelner Einsatz, ein richtiges Mammutprogramm ist somit nicht dabei. Für ein Actionspiel mit einer Spieldauer von circa 25 Stunden fällt „Crimson Sea 2“ aber überdurchschnittlich lang aus, kein Zweifel.
An der Steuerung gibt es nichts auszusetzen, sowohl Menüführung als insbesondere auch die Ausführung unserer Eingabebefehle in den Schlachten weiß vollends zu überzeugen, hier wurde blitzsaubere Arbeit abgeliefert, sehr schön. Keinerlei unangenehme Verzögerungen oder etwaige Probleme bei der Kollisionsabfrage sorgen für einen angenehmen Spielfluss. Loben muss man auch die gute Kameraführung, welche uns – im Gegensatz zum ersten Teil – kaum noch vor nennenswerte Probleme stellt, demzufolge sich die Anzahl ärgerlicher Passagen angenehm in Grenzen hält. Speziell die Komboattacken mitsamt der magischen Specials werden flott und ansehnlich in Szene gesetzt, womit wir dann auch schon bei der Präsentation von „Crimson Sea 2“ gelandet sind. Größtenteils interessante und abwechslungsreich gestaltete Feinde, sehr schöne Lichteffekte, sehr flüssige Animationen beider Figuren und das Fehlen auffälliger Grafikruckler wisse zu gefallen, weniger schön sind hingegen die oft tristen Hintergründe mit ihren nicht selten detailarmen Texturen, so dass wir damit praktisch auch schon eine plausible Erklärung für die flüssige Grafik haben dürften. Deutliche Verbesserungen zum Vorgänger sind unübersehbar, selbst beim Auftauchen zahlreicher Gegner gleichzeitig auf dem Bildschirm, geht die Bildrate nicht in die Knie. In punkto Soundkulisse bietet sich ein gespaltenes Bild: gefallen mir vor allem die glasklaren und stets passenden Digi-Geräusche im Kampf, so langweilen die etwas langsamen und auf Dauer monotonen Musikstücke zusehends. Immerhin freuen wir uns über satten Surroundklang, doch von einpeitschenden, den Adrenalinspiegel nach oben schnellen lassenden Rhythmen möchte ich nicht sprechen. Eher besinnlich geht es in akustischer Hinsicht zu und das trifft schließlich nicht unbedingt auf das uns visuell präsentierte Geschehen zu, schätze ich.
Positiv zu vermerken ist das im Actiongenre doch eher unübliche Science-Fiction-Szenario in Verbindung mit Magie. Ungewöhnlich ist zudem die abgefahrene Story, wobei der esoterische Schwerpunkt ganz bestimmt Geschmackssache sein dürfte. Mutig ist es aber auf jeden Fall, was Koei hier auf die Beine gestellt hat, abseits der sonstigen Action-Mainstream-Wege. Durch das Verbessern der Aufrüstung und individuellen Fertigkeiten ist auch ein ordentlicher Schuss Motivation dabei, ob sich die Motivationskurve aber auch wacker bis zum Ende oben halten kann, ist zumindest fraglich: sich viel zu sehr ähnelnde Einsätze, ein eher vor sich hin plätschernder Soundtrack und zu wenig Innovationen bzw. Überraschungsmomente (bis auf die interessante Gestaltung der unterschiedliche Feinde) machen es schwer, auf lange Sicht hin gefesselt zu sein. Es ist eher ein „Jetzt-habe-ich-es-angefangen-und-bringe-es-daher-auch-zu-Ende-Gefühl“, was uns stets antreibt. Um einen absoluten Kracher handelt es sich letztlich hier bei „Crimson Sea 2“ für die PS2 nicht, doch einige positive Ansätze macht dieses Game zumindest für Genre-Liebhaber nicht uninteressant. Um ein „Must-Have“ handelt es sich nicht, wohl aber um ein empfehlenswertes Cyber-Gemetzel. Spielspaßwertung: 73%.
PLUS --> Als Actiongame erstaunlich lang, saubere Kamera und Steuerung, motivierendes Aufleveln, gelungene Animationen, Gegnerdesign und teils sehenswerte Spezialeffekte, Kampfgeräusche, abgefahrene Story.....
MINUS --> ..... die allerdings nicht jeden Geschmack treffen dürfte, Multiplayer zu mau, Soundtrack zu lau, keine Taktik (mehr), viel zu abwechslungsarm, nicht selten detailarme Hintergründe